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US-Kriegsschiffe vor Vietnam als Zeichen engerer militärischer Kooperation

Von Stefan Kühner

Grundlegend hat sich 45 Jahre nach dem Pariser Abkommen von 1973 und der überhasteten Flucht der letzten US-Soldaten aus Saigon das Verhältnis zwischen Vietnam und den USA geändert. Seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen vor 25 Jahren sind die Vereinigten Staaten zu einem der wichtigsten Handelspartner geworden. Vietnam exportierte 2019 Waren im Wert von zirka 66 Milliarden US-Dollar dorthin.

Der Flugzeugträger Theodor Roosevelt (CVN-71) an der Küste von Danang am 5.März 2020 
Foto: https://tinhhoa.net/

Ein neuer Aspekt im US-vietnamesischen Verhältnis sind die Kontakte im militärischen Bereich. Im März 2018 besuchte erstmals eine Gruppe von US-Kriegsschiffen Vietnam. Worum es den USA dabei geht, wurde damals durch die New York Times verdeutlicht: »US-Flugzeugträger erreicht Vietnam, mit einer Nachricht für China«. Vom 5. bis 9. März dieses Jahrs trafen nun erneut zwei Kriegsschiffe im Vietnamesischen Ostmeer (Südchinesisches Meer) ein, der Flugzeugträger Theodor Roosevelt und der Kreuzer USS Bunker Hill. Dieser Besuch sollte erneut ein klares Signal der verstärkten Militärkooperation mit den USA sein, aber auch nicht zu viel Aufsehen erregen. Den Kriegsschiffen wurde also nicht der Hafen in der Hauptstadt Hanoi oder in Ho-Chi-Minh-Stadt zugewiesen, sondern derjenige in der zentralvietnamesischen mittelgroßen Küstenstadt Da Nang.

Die Kommandeure der Schiffe wurden nicht von einem Mitglied der vietnamesischen Regierung oder hochrangigen Militärs Vietnams empfangen, sondern von Ho Ky Minh, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Verwaltung des Distrikts Da Nang. Auf militärische Zeremonien wurde verzichtet. Eine Gruppe vietnamesischer Bürgerinnen und Bürger von Da Nang erhielt die Erlaubnis, die Schiffe zu besichtigen. Deren Soldaten konnten an Sportwettkämpfen teilnehmen, besuchten die Stadt und ihre Umgebung. Ein in allen vietnamesischen Medien publizierter Bericht macht deutlich, was Hanoi mit dem erneuten Besuch beabsichtigte: Die Beziehungen zwischen Vietnam und den USA sollen weiter ausgebaut werden.

Für viele, die einst aktiv gegen die Aggression der USA in Vietnam gekämpft haben, ist dies nicht einfach zu verstehen: Militärische Zusammenarbeit mit den Feind, der das Land in die »Steinzeit zurückbomben« wollte? Hintergrund der Annäherung ist das Sicherheitsbedürfnis Vietnams: 2014, als China in vietnamesischen Hoheitsgewässern demonstrativ eine Ölplattform platziert hatte, stand das Land am Rande einer militärischen Konfrontation mit der Volksrepublik. Seither rüstet Vietnam deutlich auf und kauft Waffen aus den USA und Russland. Trotzdem – Vietnam will Frieden und Unabhängigkeit. Das wird als wichtigste Voraussetzung für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung gesehen. Unabhängigkeit war das Ziel der Befreiungskriege gegen Frankreich und die USA und ist bis heute die Richtschnur der Politik Hanois.

Konkret heißt das: eine bedächtige Politik gegenüber den drei Militärmächten China, Russland und USA. Gespräche über eine militärische Zusammenarbeit führt Vietnam mit allen drei Staaten. Das Land hatte jedoch bereits 2016 nach einer Anfrage Russlands erklärt, dass die Stationierung fremder Truppen nicht in Frage komme. Die Außenpolitik Vietnams gründet sich auf das »Drei-Nein«-Prinzip: »Nein« zu ausländischen Militärbasen auf dem vietnamesischen Territorium, »Nein« zur Teilnahme Vietnams an Militärbündnissen und »Nein« zu einer Beteiligung Vietnams an Allianzen, die sich gegen Drittländer richten.

Quelle: https://www.jungewelt.de/